Trockene Hände – Was passiert bei übermässiger Handhygiene?

Dr. Wechsler hat sich in ihrer Facharztpraxis in Deutschland unter Anderem auf Berufsdermatosen spezialisiert. Im Interview verrät die Dermatologin, warum trockene Hände häufig vorkommen, welche gesundheitlichen Folgen durch übermässige Handhygiene entstehen und wie Sie trockene Hände pflegen und vorbeugen können.

Hand wird eingecremt

Einer Ihrer Schwerpunkte sind Berufsdermatosen. Was genau versteht man darunter?

Dr. Wechsler: Von einer Berufsdermatose spricht man, wenn eine Hauterkrankung durch den Beruf ausgelöst oder verschlechtert wird. In der dermatologischen Praxis sehen wir am häufigsten beruflich verursachte Handekzeme. Diese sehen zunächst oft ganz harmlos aus: Leichte Rötungen auf den Handrücken oder etwas Schuppung in den Fingerzwischenräumen. Im Laufe der Zeit kann sich daraus ein schweres Handekzem entwickeln mit massiven Entzündungen meist der Hand- und Fingerrücken oder den Handflächen, einhergehend mit Fissuren, das sind kleine Risse in der Haut oder Rhagaden, dies sind tiefere spaltförmige oft sehr schmerzhafte Risse. Die Haut schuppt dann oft stark oder nässt. Neben Schmerzen kann der Betroffene auch starken Juckreiz verspüren.

Wenn die Berufsdermatose dazu führt, dass die Person nicht mehr in ihrem Beruf arbeiten kann spricht man von einer Berufskrankheit.

Laut dem Berufsverband der Deutschen Dermatologen (BVDD) sind beruflich bedingte Hauterkrankungen die häufigsten Berufserkrankungen.

Wie äussern sich diese Dermatosen und an welchen Körperteilen treten sie vermehrt auf?

Dr. Wechsler: Neben Handekzemen ist es der helle Hautkrebs durch UV-Strahlung den wir täglich in unseren Praxen sehen. Betroffen sind Menschen die aufgrund Ihres Berufes sehr viel im Freien arbeiten und dadurch übermässig viel der Sonne ausgesetzt sind. Der helle Hautkrebs manifestiert sich an sonnenexponierten Körperstellen wie Kopf, Gesicht, Schultergürtel oder Arme. Zu Beginn sieht man oft rötliche, leicht schuppende, raue Flecke, dies sind die sogenannten Aktinischen Keratosen, die oberflächlichste Form des hellen Hautkrebses. Unbehandelt kann sich die aktinische Keratose zu einem echten Hautkrebs weiterentwickeln, dem sogenannten Spinaliom, auch Stachelzellkrebs genannt. In dieser Phase sieht man knotige Tumore an der Hautoberfläche. Das Spinaliom kann sogar metastasieren, also Tochtergeschwüre im Körper absetzen. Hautkrebs ist seit Jahren die zweithäufigste anerkannte Berufskrankheit (am häufigsten Lärmschwerhörigkeit).

Welche Berufsgruppen sind besonders häufig betroffen?

Dr. Wechsler: Bei den Handekzemen sind es vor allem Berufstätige welche viel Kontakt zu Wasser haben, die Hände häufig waschen oder desinfizieren müssen, viel Handschuhe tragen müssen und darunter schwitzen. Hierzu gehören beispielsweise Beschäftigte im Gesundheitswesen, in der Hauswirtschaft, aber auch Friseure, Köche, Bäcker und Gärtner. Aber auch mechanische Belastung kann ein Handekzem auslösen, beispielsweise bei Bauarbeitern oder Handwerkern. Auch der Kontakt zu hautreizenden Substanzen wie beispielsweise Schmierölen bei Maschinenführern oder Automechanikern kann die Haut stark reizen und Ekzeme auslösen. Bei Laboranten sind es hautreizende Stoffe wie Säuren und Laugen.

Gefährdete Berufsgruppen bezüglich Hautkrebs sind unter anderem Bauarbeiter, Dachdecker, Landwirte und Gärtner. Alle Berufstätigen die überwiegen im Freien arbeiten.

Seit der Pandemie waschen und desinfizieren viele Menschen vermehrt ihre Hände. Insbesondere Personen, die in ihrem Berufsalltag viel Kontakt zu anderen Menschen haben, achten besonders auf die Handhygiene. Zählen dadurch auftretende Hautveränderungen auch zu den Berufsdermatosen?

Dr. Wechsler: Unbedingt. Gerade bei Berufstätigen im Gesundheitsbereich und der Pflege wird durch das häufige Händewaschen und Händedesinfizieren aber auch das übermäßige Tragen von Handschuhen die Haut massiv strapaziert. Die Hautbarriere wird angegriffen, das natürliche Reparatursystem der Haut ist überlastet, die entstandenen Schäden können nicht mehr ausgeglichen werden.

Das Desinfizieren der Hände ist deutlich schonender für die Haut als Händewaschen, erläutert der BVDD.

Häufiges Händewaschen hat in den letzten Jahren viel Aufmerksamkeit bekommen. Was sind Ihrer Erfahrung nach die häufigsten Hautprobleme, mit denen Menschen durch intensive Handhygiene zu kämpfen haben?

Dr. Wechsler: Übermässiges Händewaschen und der Gebrauch von Seife zerstört auf Dauer die intakte Hautbarriere. Feuchtigkeit wird nicht mehr in der Haut gehalten und Schadstoffe können eindringen. Dies führt zu Trockenheit der Haut, Juckreiz und Rötungen, es bilden sich oft schmerzhafte Risse oder Bläschen, insbesondere die Fingerkuppen reissen auf.

Dies kann zu schweren Ekzemen an den Händen führen so dass die Betroffenen massiv in Ihrem Alltag eingeschränkt sind.
Ich persönlich habe gerade während der Pandemie auch viele Schulkinder in meiner Praxis gesehen, die einfach zu viel Hände gewaschen haben. Die kindliche Hautbarriere ist viel schwächer als die eines Erwachsenen aufgebaut, somit haben Kinder ein noch viel höheres Risiko Handekzeme zu entwickeln. Von allen Seiten wurde während der Pandemie häufiges Händewaschen propagiert. Bei einigen Menschen hat dies einen regelrechten Waschzwang ausgelöst. Diese Menschen brauchen neben dermatologischer Hilfe auch psychologische Unterstützung wieder ein normales Mass zu finden.

Schon gewusst?

In den ersten Lebensjahren ist die Haut besonders empfindlich. Erst in der Jugend, mit Beginn der Pubertät, entspricht die Haut, der eines Erwachsenen.

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Neben dem häufigen Händewaschen, welches sind weitere Ursachen für rissige Hände?

Dr. Wechsler: Auch Kälte greift unsere schützende Hautbarriere an. Ich rate allen Menschen die sich bei den aktuellen Temperaturen draußen aufhalten wärmende Handschuhe zu tragen. Aktuell bringen viele Menschen vor dem Winter ihren Garten auf Vordermann. Kälte und die feuchte Erde strapazieren die Haut sehr.

Mechanische Einflüsse zum Beispiel Nadeln von Tannenzweigen beim Binden von Adventskränzen führen zu kleinsten Mikroschäden an der Hautoberfläche. Dies kann der Beginn eines Handekzems sein. Nicht vergessen darf man Allergien auf Kontaktstoffe, beispielsweise auf Nickel in Schmuck.

Oder der Besuch im Nagelstudio. Die dort verwendeten Substanzen zum Aufbringen von Shellac- oder Acrylnägeln haben ein nicht zu unterschätzendes Potential schwere Allergien an der Haut auszulösen.

Verminderte Flüssigkeitszufuhr und die trockene Heizungsluft greifen unsere Haut an. Auch durch Mangel an Vitamin C, Zink und Vitamin D wird unsere Haut, nicht nur an den Händen, empfindlicher.

Unser Tipp: Erfahren Sie in unsrem Beitrag über die Ernährung für gesunde Haut, welche Vitamine uns Mineralstoffe Ihre Haut braucht.

Was kann ich tun, um meine Hände bestmöglich zu schützen? Welche Hausmittel eignen sich? Und welche Cremes empfehlen Sie Ihren Patientinnen und Patienten?

Dr. Wechsler: Ich rate meinen Patienten bei allen Feuchtarbeiten im Haushalt und Beruf aber auch bei allen Arbeiten die die Haut mechanisch belasten geeignete Schutzhandschuhe zu tragen. Beim Putzen oder Spülen sollten diese lange Stulpen haben damit keine Flüssigkeit in den Handschuh eindringt.

Bei kühlen Außentemperaturen sollten im Freien wärmende Handschuhe getragen werden.
Gerade wenn ein Handekzem stark entzündet ist oder nässt empfehle ich gerne Umschläge mit frisch zubereitetem schwarzen Tee. Die Gerbstoffe im Tee wirken entzündungshemmend. Sehr gut helfen auch Handbäder mit einem probiotischen Pulver welches seit kurzem auf dem Markt ist.

Das rät die Expertin:

Schützen Sie Ihre Haut mit entsprechender Schutzkleidung, wie beispielsweise Handschuhen, und pflegen Sie Ihre Haut mit milden Reinigungsprodukten und Handcremes.

Verschiedene Hauterkrankungen zeigen sich ebenfalls an den Händen. Welche Krankheiten sind das? Worauf sollten Betroffene achten, um zu erkennen, ab wann hinter den trockenen Händen eine Krankheit stecken könnte?

Dr. Wechsler: Viele weitere Hautkrankheiten können sich an den Händen manifestieren. Die häufigste ist sicherlich die Neurodermitis. Aber auch die Psoriasis, die Schuppenflechte, kann zu leichten bis sehr schweren Hautveränderungen an den Händen führen. Sowohl bei der Neurodermitis als auch bei der Psoriasis sind meist auch andere Körperpartien betroffen. Pilzinfektionen können einem Handekzem ähnlich sein. Charakteristisch ist hier oft eine randbetonte schuppende Hautrötung. Eine Pilzinfektion an den Händen sollte auch wegen des Risikos der Ansteckung unbedingt ärztlich behandelt werden.

Bakterielle oder virale Infekte können mit Hautveränderungen an den Händen einhergehen. So zeigt sich beim Scharlach meist das sogenannte Palmarerythem, eine Rötung an den Handflächen. Bei der Hand-Fuß- Mundkrankheit kommt es neben anderen Symptomen meist zur Bläschenbildung an Handflächen und Fußsohle.

Es müssen nicht immer trockene Hände sein: Neurodermitis, Psoriasis und Pilzinfektionen treten häufig an den Händen auf.

Wann ist ein Arztbesuch notwendig? Was sollten Betroffene tun, wenn die Hände trotz richtiger Pflege rissig sind und jucken?

Dr. Wechsler: Ich empfehle einen Arzt aufzusuchen, wenn sich trotz intensiver Pflege die Hautveränderungen nicht rasch, innerhalb 2 bis 3 Wochen, verbessern oder gar verschlechtern, bei Schmerzen und starkem Juckreiz, wenn an anderen Körperstellen ebenfalls Hautveränderungen zu sehen sind, bei Allgemeinsymptomen wie beispielsweise Fieber, und immer beim Verdacht auf das Vorliegen einer Berufsdermatose.

Dr. med. Daniela Wechsler, Ansbach in Deutschland

Dermatologin Dr Daniela Wechsler

Behandlungsschwerpunkte:

  • Berufsdermatosen
  • Erkennen und Behandlung von Hautkrankheiten
  • Diagnostik und Therapie von Allergien
  • Hautkrebsvorsorge
  • Lasertherapie
  • Ästhetische Therapie
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